Da ist uns doch ein Interview tatsächlich ins Sommerloch gerutscht und wäre um ein Haar vergessen worden. Aber was lange währt, wird endlich Gero.
Johann: Wer und woher seid Ihr?
Gero: Ich bin Gero, beinahe 18 Jahre alt und ein Bauer
in Reutlingen. Ich habe eine Schwester, die bei mir wohnt, meine Eltern
und meine Brüder habe ich dagegen vor über einem Jahr verlassen.
Manchmal wollen sie mir in Reutlingen unbedingt einen Spitznamen geben,
weil das allein wohl zu langweilig ist, Geronimo, der Heilige Gero,
sowas, aber normalerweise reicht Gero völlig aus. Achja, und
Bürgervertreter bin ich seit Kurzem auch, etwas, worauf ich glatt ein
wenig stolz bin.
Johann: Habt ihr immer schon dort gelebt, wo ihr jetzt lebt? Falls nein, wo habt ihr gelebt und warum seid ihr umgezogen?
Gero: Eigentlich komme ich aus Schwäbisch-Hall und dort
in der Nähe wurde ich auch geboren. Nach Reutlingen bin ich auf die
Bitte von einer ehemaligen Freundin gekommen und habe es seither nur
selten bereut.
Johann: Wie verbringt Ihr Eure Zeit?
Gero: Die meiste Zeit bin ich auf meinem Feld zugange,
sorge dafür, dass Getreide und Gemüse gut wächst und ich im nächsten
Winter etwas zu Essen habe. In den Wirtshäusern bin ich ebenfalls oft
anzutreffen, ich mag es mit meinen Freunden zu plaudern und die kleinen
Probleme des Alltags mit ihnen gemeinsam zu lösen.
Johann: Was ist das schöne an Eurem Heimatort, was stört oder fehlt?
Gero: In Reutlingen ist immer etwas los und man ist nie
einsam. Dafür fehlt manchmal die Ruhe und die Dramen, in die man
hineingezogen wird oder die man miterlebt, nehmen überhand.
Johann: Habt ihr eine schöne Geschichte für uns? Etwas, an was ihr Euch immer erinnern werdet?
Gero: Ja, die habe ich tatsächlich, ich möchte etwas
erzählen, was ich vor wenigen Monaten genau so miterlebt habe, und bei
der aktuellen Gefahr auf Württembergs Straßen finde ich diese Geschichte
heute aktueller denn je.
Ich war mit drei Freunden unterwegs, als wir ausgeraubt wurden.
Neben allen Talern waren unter den Dingen, die wir verloren, auch einige
persönliche Wertsachen. Sie waren zwar zweifelsfrei als solche zu
erkennen, hätten aber auch dem Räuber im Verkauf sicher noch ein paar
Taler extra eingebracht. Am Ende wurden uns diese Wertsachen wieder
zugespielt und bis auf ein paar Schrammen und blaue Flecke ist am Ende
nichts passiert, wenn man mal vom Verlust der Taler absieht. Es ist
nicht schön, ausgeraubt zu werden, aber wir haben etwas erlebt, sind
daran gewachsen und wir konnten bald wieder darüber lachen. Ich möchte
den Raub sicher nicht verharmlosen, aber wären alle Überfälle so wie
dieser, würde ich mich auch allein auf die Straße trauen.
Johann: Was gefällt Euch in Württemberg, was fehlt in Württemberg?
Gero: Württemberg ist wie Reutlingen, nur in groß, und
langweilig wird es hier so bald bestimmt nicht. Es gibt tolle
Freundschaften und sinnlos ausgelebte Abneigungen. Mir missfällt, dass
der persönliche Vorteil bei vielen über dem Wohl aller steht und der
Sinn für die Gemeinschaft fehlt, die wir nun ein mal sind. Dagegen
gefällt mir, dass es engagierte Bürger gibt, die genau das versuchen zu
ändern.
Vielen Dank an Herrn Gero Grünschleier, den weisen Bürgervertreter, für das Beantworten unserer Fragen.
