Rosa: Wer und woher seid Ihr (Beruf, Familie, Wohnort, Alter, wenn es Euch recht ist...)? Selden: Selden de Chevalliere aus Rottweil. Ich bin nicht mehr die Jüngste, befürchte ich. Was Berufe und Berufungen allgemein angeht, habe ich schon einiges durch. Derzeit bin ich Witwe, Mutter, Weizenbäuerin, Bäckerin, Bogenschießwettbewerbsveranstalterin, Planungassistentin, inaktive Theologiestudentin, gelegentliche Besserwisserin und Nervensäge im Schloss und auf öffentlichen Plätzen, sowie diskontinuierliche Besetzerin eines Zimmers in einem Gasthaus in Zollern.
Rosa: Habt Ihr immer schon dort gelebt, wo Ihr jetzt lebt? Falls nein, wo habt Ihr vorher gelebt und warum seid Ihr umgezogen?
Selden: Es war immer Rottweil und so der HERR will, wird es auch immer Rottweil bleiben. Mein Herz hängt an dieser Stadt.
Rosa: Wie verbringt Ihr Eure Zeit?
Selden: Hin und wieder Leute ärgern, backen, pflügen, ernten, Bier und Wein trinken, säen, Leute belehren, ein bisschen rumzicken, Holz fällen, kleinere Reisen - nicht unbedingt in der Reihenfolge.
Rosa: Was ist das Schöne an Eurem Heimatort, was stört oder fehlt?
Selden: Rottweil ist Rottweil. Es war mal einer der lebendigsten Orte im Württemberg. Jetzt ist er einer der stillsten. Wir haben einen Wald, wir haben einen Hafen, wir haben die dunkelste Kaschemme der näheren Umgebung, wir haben derzeit zumeist scheinbar unsichtbare Einwohner, wir haben einige der ältesten Einwohner Württembergs - glaube ich zumindest. Wir haben derzeit auch sehr viel Ruhe zum Nachdenken und Entspannen. Es fehlt uns an mehr sichtbaren Bürgern. Vor allem aber fehlt uns der Humor, der für die Rottweiler lange Zeit ein Erkennungszeichen war.
Rosa: Habt Ihr eine schöne Geschichte für uns? Etwas, an was Ihr Euch immer erinnern werdet?
Selden: Ein langes Leben bringt viele Geschichten. Ich schaue aber bevorzugt nach vorne und schwelge lieber nicht in Erinnerungen.
Rosa: Was gefällt Euch in Württemberg, was fehlt in Württemberg?
Selden: Württemberg ist meine Heimat und ich habe die Provinz selten verlassen. Von daher fehlt mir der Vergleich. Württemberg beherbergt einige interessante Leute. Auf jeden Fall haben wir relativ viele temperamentvolle Mitbürger. Und Württemberg besitzt noch viel Potenzial besser zu werden - zum Beispiel in Sachen Zusammenarbeit und Wohlfühl- Atmosphäre. Was uns fehlt, ist, denke ich, eine starke Führungsperson. Ich glaube, viele Streitereien könnten vermieden werden, wenn jemand rechtzeitig mit der Faust auf den Tisch hauen würde. Aber vielleicht bin ich da auch etwas zu altmodisch.
Danke dafür, dass Ihr Euch den Fragen gestellt habt und Ihr für die Rubrik Menschen in Württemberg einen Artikel möglich gemacht habt!


