Württemberg (WW) - Feine Riecher, schöne Becken
Eine kleine Geschichte der Waschtische
Wer glaubt, dass die restlich erforderliche Wäsche mit einem ansprechenden, hochwertigen Waschbecken, kostbarem Wasser und einer ausgefallenen Tischkonstruktion
erst seit einigen Jahren beim Adel zu finden ist, irrt sich. Sie hat
sich seit der Zeit der Böhmer langsam entwickelt und ist stetig gereift.
Zu unserer festen Wisch- und Waschkultur gehören Reinigungs- und Säuberungsitten,
ebenso wie Zubermanieren und Badeordnungen. Im Folgenden geben wir
einen kurzen Abriss über die Geschichte der Waschkultur.
Die Waschung von Händen – in manchen Regionen auch der Füße – vor dem Schlafen, wird durch bereitgestellte Schüsseln und Tücher ermöglicht und hat
neben der hygienischen auch eine rituelle Funktion. Man teilt dem Bette mit: Ich komme in schlafender Absicht und mit reinem Körper.
Für Hand und Mitbringsel – die böhmische Seife
Zu einem opulenten Bade bei den Böhmern gehören neben den Krügen für
Getränke, Obstschalen und Platten mit Esswaren ebenso Musikanten, die
die Zubernden mit ihrem Spiel unterhalten.
Wie aus Beschreibungen antiker böhmischer Autoren bekannt, war es bei den Böhmern Sitte, im Liegen zu baden. Auch kannten die Böhmer Seife,
Schmierseife und einfache Lauge, darunter auch Asche zum Anrühren von Seifenlaugen.
Gereinigt wurden vorwiegend aber die Finger.
Die schon eingangs beschriebene Reinigung der Finger findet hier seinen
Ursprung. Für die Waschung waren die Haussklaven des jeweiligen Zubettgehers zuständig; hinterher wurden die Finger, aber auch Füße, mit
feinem Leinen getrocknet. Diese Waschung wurde je nach Dreck – von dem
es sehr viel gab - wiederholt. Die verschiedenen Seifen wurden bei den Böhmern auf einem kleinen, mit einem Handtuch bedeckten Tisch, an der Wanne
präsentiert.
Für das Abtupfen des Mannes wurden »Mägde« gereicht – Serviererinnen, die der Zubermeister bereitstellte.
Ebenfalls gebräuchlich war das Mitbringen einer eigenen Serviererin, in der sich häufig die Gattin verbarg.
Auch als hilfreiches Transportmedium wurden die Mägde auf dem Weg
ins Schlafgemach genutzt, um etwaige Reste vom Feste mit ins Bette zu nehmen.
Waschtische und Sittlichkeit
Nach dem Zerfall des Böhmischen Reiches wurden Waschkultur und -sitten
zunächst wieder grober. Zwar verwendeten die Menschen Seife, Seifenlauge und
seltener auch einfaches Wasser zum Waschen; weniger genutzt wurden, soweit
bekannt, hingegen Waschtische, Fingerschalen oder
gar Zuber und Wannen. Man saß an Vertiefungen am Bach und benutzte hierfür zumeist einen Felsen.
Der Adel, aber auch der höhere Klerus, gebrauchten dabei nur Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger.
Handtücher und damit auch Badelaken gab es zunächst keine, erst unter
der Weisung des Waschweibes Friederike I. Barbarella kamen am Wannenrand angebrachte Tücher auf, an denen man sich Hals und Ohren abwischen
konnte.
Somit war ein sauberes Antlitz eine unerlässliche Voraussetzung für ein
appetitliches Bad, da oft zwei Dreckspätze einen Zuber, eine Schüssel oder
ein Becken teilten.
Knappen mit flachen Wasserschalen und sauberen Leinentüchern liefen und
laufen deswegen zwischen den Waschtischen durch die Reihen evtl. anwesender
Gäste, damit diese sich auch am anderen Geschlecht laben konnten.
Wer fettige Überreste seines Schweineschnitzels ins Badewasser
schmiert, kann zurecht als Ferkel bezeichnet werden, gilt doch der
Grundsatz »wie außen – so innen«, und kann auf einen schlechten Charakter
deuten.
In der Regel ist an den Haussklaven ein glattes Tuch um die Hüfte zu
sehen, dass die Scham bedeckt. Ein zweites in reiche Falten
drapiertes Tuch ist über das Becken gelegt und reicht zumeist bis zum
Boden. Die Zubernden nutzten das umlaufende Tuch der Serviererin für Hals und Ohren und legten sie auch über den Schoß, ohne ihre Kleidung zu schützen.
Die Augsburgerin Hälga Clarrazin gibt in ihrem Lehrgedicht »Von wasch
zucht« Anleitungen zur Etikette beim Bade. Nach Händewaschung und Nackigmachung setzt man sich gemäß der gebotenen Ordnung nieder. Den ersten Wisch wird das schmutzige Haupt von dem Sitzenden bekommen; in das Wasser zu furzen gilt als unfein. Man soll keine Seife verschmähen und sich jeweils nur eine kleine Portion Schaum herstellen:
»Nimm von der seif nach not,
Das du nit werdest ze spot,
Leg das ander hinwider
In die schüsseln nider.«
Das öffentliche Ausgießen des Badewassers kann auch
stellvertretend für den Riss in einer Beziehung oder die Aufkündigung
einer Freundschaft gelten, sowie symbolisiert in einigen Gegenden des
Deutschen Königreiches das Zerschlagen eines Waschtisches die Scheidung
zweier Eheleute.
Quellenangabe: KAP - Das Wischblatt dankt für die Anregung!
